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Aufbrechen

Tsitsi Dangarembga

Die britische Kolonie in Südrhodesien, das heutige Simbabwe, in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Eine bäuerliche Shona-Familie, aus der weitestgehend rechtlosen schwarzen Bevölkerungsmehrheit auf dem Land. In «Aufbrechen« werden die Erlebnisse, Eindrücke und Gefühle des Mädchens Tambu geschildert, dass die Beschränkungen eines armen, ungebildeten, schwarzen, weiblichen Menschen in einer patriachal und kolonial geprägten Umwelt zu überwinden sucht. Doch im Gegenteil zu Ihrer priviligierten Nichte und besten Vertrauten Nyasha, die gegen die Verhältnisse aufbegehrt, passt sie sich an und versucht die Chance zu ergreifen, die sich ihr durch einen Schulplatz an der Missionsschule bei ihrem Onkel, Babamukuru, bietet.

Die Person des paternalistischen Onkels, als missionierter und durch das System religiös kolonialer Vereinnahmung korrumpierter Vertreter der bestehenden Machtverhältnisse, bildet einem Gegenpol, sowohl zu seiner gleichermaßen gebildeten Frau, Maiguru, wie zu seiner revoltierenden, die Verhältnisse grundsätzlich infragestellenden Tochter, Nyasha. Tambu, die sich noch gegen ihre Eltern behauptet, verliert zwischenzeitlich bei ihrem Onkel ihre Fähigkeit der kritischen Urteilsfähigkeit. In der Nachschau auf ihre Kindheit, ordnet sie aber Stück für Stück die Verhältnisse ein und zeigt die Unordnung und Ungerechtigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse auf.

Die Betrachtung von Mechanismen zur Unterwerfung des Menschen aufgrund von Attributen wie Geschlecht, sozialer Herkunft, rassistischer Zuordnung und Bildung stehen im Zentrum dieser detailliert beobachteten und psychologisch genau getroffenen Schilderung von Tambus Kindheit und Familie sowie ihrer Bildungsentwicklung. Die Lebensumstände der Mädchen und Frauen im Roman, die bis auf Ausnahmen als gegeben hingenommen werden, zeigen dies auf besonders eindrückliche Weise und verweisen beispielhaft auf die mehrfache Herausforderung der Protagonistin sich zu emanzipieren. Die Befreiung von Bevormundung beinhaltet, neben jener von offensichtlicher Unterdrückung, auch die kritische Betrachtung und Bewertung kultureller Postulate, wie den abendländischen Bildungsbegriff und damit einhergehender Erfolgskriterien.

[Deutsche Erstausgabe bei Rowohlt unter dem Titel »Der Preis der Freiheit« 1991]

Autor/in:Tsitsi Dangarembga (*1959)
Genre:Entwicklungsroman, Gegenwartsliteratur
Verlag:Orlanda, 2019
Übersetzung:Aus dem Englischen von Ilja Trojanow
Originaltitel:»Nervous Conditions«, bei The Womens Press, London, 1988