Der Fänger Im Roggen
J.D. Salinger
Der sechzehnjährige Holden Caulfield wird wegen schlechter Leistungen von dem Eliteinternat Pensey in Pennsylvania verwiesen. Es ist kurz vor den Weihnachtsferien und eigentlich sollte er erst einige Tage später das Internat verlassen. Aber nach einer nächtlichen Auseinandersetzung mit seinem Zimmergenossen entscheidet er unvermittelt, Pensey noch in der Nacht den Rücken zu kehren. Nicht so sehr wegen der kleinen Schlägerei, bei der er tüchtig einstecken musste; Er beschreibt es in etwa so, dass er keine Lust mehr habe, dort herumzuhängen, und es ihn traurig und einsam mache, dort zu bleiben. Durch einen größeren Geldbetrag, den er erst kürzlich von seiner Großmutter erhielt, fühlt er sich unabhängig. So beschließt er, mit dem Zug nach New York zu fahren, aber nicht nach Hause zu seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Phoebe. Vielmehr plant er, einige Tage in einem Hotel zu übernachten und erst zum eigentlichen Schulende nach Hause zu seiner Familie zu gehen. Bepackt mit zwei Koffern und jeder Menge Ungereimtheiten im Kopf, begibt er sich in der winterlichen Kälte auf den Weg und auf eine etwa dreitägige Odyssee durch New York, die ihn immer tiefer in eine fast ausweglose Verzweiflung treibt.
Einige Monate später – er befindet sich mittlerweile in einer psychiatrischen Einrichtung, die er aber in Kürze verlassen kann – erzählt er in der Nachschau von den Ereignissen dieser drei Tage vor Weihnachten. Die verschiedenen Orte und Begegnungen nach seinem Ausbruch aus dem verhassten Internat bilden den szenischen Rahmen für den Monolog, mit dem er seine Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringt. Zentrale Themen sind dabei sein Verhältnis zu seiner Familie, insbesondere seiner geliebten Schwester und seinen beiden Brüdern, seinen Mitschülern und Lehrern sowie sein erwachendes sexuelles Interesse. Immer wieder schweift er in seinen Erinnerungen ab, verliert sich in Details von Beobachtungen seiner Umwelt und springt von einem Gedankengang oder Erlebnis zum Nächsten, wobei er die einzelnen Gedankensplitter logisch und nachvollziehbar zu einem endlos wirkenden Erzählstrom verwebt. Sein Tonfall ist roh, umgangssprachlich und an die gesprochene Sprache angelehnt. Häufig wendet er sich direkt an die Lesenden und raubt uns damit den Status des Unbeteiligten, macht uns zu Komplizen oder wenigstens Mitwissern dieser Welt, an der er leidet. Im Oberton des gesamten Textes schwingt eine schmerzhafte Ironie mit, mit der er die Oberflächlichkeit und Verlogenheit unserer Welt sichtbar macht.
Autor/in: | J.D. Salinger (1919–2010) |
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Genre: | Gegenwartsliteratur, Jugendliteratur |
Verlag: | Philipp Reclam jun., Leipzig, 1965 |
Übersetzung: | Aus dem Englischen von Irene Muehlon, Heinrich Böll und Annemarie Böll |
Originaltitel: | »The Catcher in the Rye«, bei Little, Brown and Company, 1951 |