Des Rektors Florian Fälbel's und seiner Primaner Reise nach dem Fichtelberg
Jean Paul
Der Schuldirektor Florian Fälbel reist mit einer Gruppe Primaner seines Gymnasiums, einem Dozenten und seiner Tochter durch das Vogtland zum Fichtelberg. Dabei doziert, räsoniert, zitiert und schimpft dieser sich unentwegt entlang seinem erzkonservativen Weltbild, sowie dem überkommenen, starren und ebenso weltfremden Bildungsideal der Lateinschule. Unterbrochen wird dies nur durch einige erklärende Einschübe des Erzähler-Autors Jean Paul selbst, einem Dauerregen, der dem ausgeprägtem Geiz des Rektors einiges aus seiner Reisekasse abverlangt und schließlich der Einsicht, dass das Ziel der Reise, der Fichtelberg, bereits von einem anderen vor ihm durch einen Reisebericht beschrieben wird und daher den Reiz verliert, durch eine Veröffentlichung Beachtung zu finden.
Diese kurze Erzählung Jean Pauls ist der vierte Anhang zu seinem Roman über das Leben des Quintus Fixlein von 1796. Satirisch und geradezu grotesk wird die geistige Enge des bürgerlichen Bildungsideals der Zeit im ausgehenden 18. Jahrhundert in der Figur des pedantischen, bornierten und herzlosen Rektor Fälbel karikiert. Doch wenn man hinter die Übertreibungen der Satire blickt, erkennt man das, bis in die heutige Zeit hineinreichende, engstirnige Denken bürgerlicher Erziehungs- und Bildungsmoral, besonders ausgeprägt in einigen sich als humanistisch selbstbezeichnenden Gymnasien. Bei aller Fremdheit der Ausdrucksweise spürt man die Aktualität des Textes in der Darstellung des Geistes uniformierten Denkens, der die Freiheit der menschlichen Seele im deutschen Kulturraum und darüber hinaus bis heute bedrückt.
Beim Lesen macht es durchaus Sinn, die einzelnen Zitate nicht allzu genau verstehen zu wollen und zugleich die ein oder andere Anmerkung, in der hier vorliegenden Wehrhahnschen Ausgabe, aber doch vorauszulesen, um bei Bedarf tiefer in das politisch-geistige Verständnis Fälbelscher Prägung der Zeit einzutauchen.
Autor/in: | Jean Paul (1763–1825) |
---|---|
Genre: | Satire |
Verlag: | Wehrhahn, 2020 |
Erstveröffentlichung: | bei Johann Andreas Lübecks Erben, Bayreuth, 1791 |