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Die Catilinarischen Reden

Marcus Tullius Cicero

In den hier beschriebenen vier Reden Ciceros geht es um die Verschwörung des Lucius Catilina im Jahr 63 v. Chr. gegen die römischen Institutionen und gegen Cicero selbst als Konsul. Wenige Monate zuvor ist Catilina zum zweiten Mal bei dem Versuch gescheitert, Konsul zu werden. Um dennoch an die Macht zu gelangen, versucht er Cicero und andere hochrangige Senatoren ermorden zu lassen, Rom anzuzünden und Chaos zu stiften. Ausserdem stellt er ein Heer unter dem Mitverschwörer Manlius auf, um von aussen militärisch die Macht in Rom zu erringen. Die Verschwörung ist in vollem Gange und Catilina lässt am Morgen des siebten Novembers den Mordanschlag auf Cicero ausführen. Dieser schlägt fehl und am gleichen Abend findet die Senatssitzung statt bei der Cicero die erste Rede hält.

Diese erste der vier Catilinarischen Reden hält Cicero vor dem Senat in Rom. Sie hat zum Ziel, Catilina dazu zu bewegen, von sich aus Rom zu verlassen. Zudem geht er darin auf die politischen Verhältnisse im Umfeld der Verschwörung ein, die der Grund dafür sind, den Verschwörer weder gleich zu verhaften und hinrichten zu lassen, noch ihn zwangsweise in die Verbannung zu schicken. Er begründet dies damit, dass ansonsten etwaige Mitverschwörer unentdeckt weiter ihr Unwesen in der Stadt treiben könnten und zudem mit der Uneinigkeit unter den römischen Bürgern, die nicht wahrhaben wollten, dass es sich wirklich um eine Verschwörung handle. Diese wäre erst endgültig bewiesen, wenn Catilina zum Heer des Manlius gegen Rom hinzustoßen und die Anführerschaft in Anspruch nehmen würde. Dahinter steht wohl auch die berechtigte Sorge, dass Cicero selbst zur Zielscheibe der Bürgerschaft werden könnte, wenn er zu vorschnell vorgeht.

Die zweite Rede vom achten November wendet sich an das römische Volk, wenige Stunden nach der Flucht Catilinas aus Rom. Hier wiederholt er zum Teil die Argumente der Senatsrede und führt stärker noch die unterschiedlichen Beweggründe der Verschwörer aus. In dieser Rede wendet er sich auch an den Teil des Volkes der mit Catilina sympathisiert oder sich sogar mit ihm verschworen hat. Dabei versucht er die Moderaten von den Unbelehrbaren zu scheiden, um die einen von ihrem Vorhaben abzubringen und das Volk darauf einzustimmen, dass den anderen nur mit aller Härte zu begegnen sei.

In der dritten Rede vom dritten Dezember wendet er sich nochmals an die Römer selbst, direkt nach der Verhaftung der in Rom verbliebenen Mitverschwörer. Dabei beschreibt er die Vorgänge, die zur Ergreifung der Verschwörer führten. Gefolgt wird dies von einer Darstellung der Reaktionen im Senat, vor den die bereits Verhafteten geführt und mit unwiderlegbaren Beweisen der Tat überführt wurden. Der letzte Teil der Rede befasst sich mit einer zum Teil unverhohlenen Lobrede auf die eigene Rettungstat zur Vereitelung des Angriffs auf den Staat. Er deutet dabei auch seine Sorge an, sein Handeln bei der Verurteilung der Täter könnte ihm dereinst zum Schaden gereichen. Er bittet die Quiriten (die römischen Bürger) nicht zu vergessen, dass er es war, der sie davor bewahrte, dass sie womöglich alles verloren hätten.

Die vierte und letzte Rede vom fünften Dezember, wieder vor dem Senat, kreist um die Frage, wie die Verschwörer zu bestrafen seien. Dazu werden die beiden Anträge des designierten Konsuls Silanus und seines Prätors Caesar gegenübergestellt. Silanus fordert den Tod, Caesar hingegen fordert Haft und Einzug des Besitzes. Allerdings stellt sich Cicero nicht direkt auf eine der beiden Seiten und fordert die Senatoren auf zu entscheiden. Ohne es auszusprechen unterstützt seine Rethorik allerdings die Forderung nach der Todesstrafe. So beginnt er seine Rede mit der Andeutung, dass er selbst und womöglich auch Rom noch in Gefahr sein könnten und drängt die Senatoren, nicht auf ihn zu achten und lieber sich und ihre Familien zu schützen. Die Dramatik der Situation wird noch unterstrichen durch seine Forderung, noch am selben Tag eine Entscheidung zu treffen. Womöglich fürchtete er eine Befreiungsaktion der Sympathisanten der Verhafteten und einen daraus erwachsenden Aufstand. Auch der Vergleich der Verschwörung mit weitaus harmloseren Vorgängen bei denen in der Vergangenheit ebenfalls Todesstrafen vollzogen wurden deutet daraufhin. Auch weitere Argumente für beide Seiten werden noch behandelt. Eigenlob und eine pathetische Überhöhung der historischen Qualität der Ereignisse sind in dieser Rede ausgeprägt.

Diese vier Reden Ciceros wurden im letzten Viertel seiner Amtszeit als Konsul im Herbst und Winter 63 v. Chr. gehalten. Bevor sie schriftlich niedergelegt wurden, hat er sie laut Aussage in der vorliegenden Ausgabe noch überarbeitet. Der sprachlich abwechslungsreiche Stil, die klare Logik und die Vielzahl an rethorischen Ideen erzeugen einen ungemeinen Sog und beständige Spannung. Dabei spürt man die Unmittelbarkeit der Wirkung dieser Reden, da zumindest die erste und die letzte vor dem Senat in direkte Aktionen münden. Die erste Rede führte in der Folge zur Flucht Catilinas aus Rom und die letzte zur Verurteilung und Hinrichtung seiner in Rom verbliebenen Mitverschwörer.

Autor/in:Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.)
Genre:Historiographische Literatur, Politische Literatur
Verlag:Akademie Verlag Berlin, 2011
Übersetzung:Aus dem Lateinischen von Manfred Fuhrmann
Originaltitel:»Orationes In Catilinam«, 61 v. Chr.