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Die Oase

Baha Taher

Machmud, ein Offizier der ägyptischen Polizei, und seine irische Ehefrau begeben sich auf die gefährliche Reise durch die Wüste in die Oase Siwu, im äußersten Westen Ägyptens. Dort soll der Offizier als Distriktkommissar die Verwaltung der Oase übernehmen und insbesondere die Abgabe der Steuern sicherstellen. Es ist die Zeit der englischen Okkupation Ägyptens am Ende des 19. Jahrhunderts. In der abgeschiedenen Oase leben die Menschen in einer kulturell und politisch abgegrenzten Welt vom Rest Ägyptens und sprechen weder die arabische Sprache noch fühlen sie sich dem ägyptischen Staat und viel weniger noch den britischen Okkupanten zugehörig. In der Vergangenheit haben sie vielmehr die Abgaben an den ägyptischen Staat verweigert und die ägyptischen und britischen Besatzer immer wieder blutig bekämpft.
Machmud versucht alles, um den Posten nicht antreten zu müssen, kann sich dieser lebensgefährlichen Aufgabe aber nicht entziehen, da er Jahre zuvor bei den Aufständen der Urabi-Bewegung, gegen die internationale Finanzkontrolle Ägyptens, in Ungnade gefallen ist. Er verlässt nur mit größtem widerwillen Kairo. Ganz im Gegenteil zu seiner Frau, Catherine, die mit großem Enthusiasmus die altägyptischen Sprachen und die pharaonische Geschichte studiert. Mit großer Freude sieht sie in der Reise zur Oase Siwu die Möglichkeit, auf den Spuren Alexanders des Großen zu wandeln und womöglich das Geheimnis seines Grabes zu lüften.
Wie von Machmud befürchtet wird der Aufenthalt in der Oase zur Falle, für ihre schiere Existenz ebenso, wie für die Beziehung des ungleichen Paares. Die Feindschaft der Oasenbewohner gegen den neuen Distriktkommissar spielt dabei ebenso eine Rolle, wie die unterschiedlichen kulturellen Traditionen und nicht zuletzt die Rivalitäten zwischen den Bewohnern selbst.

Über die Figur der historisch interessierten Catherine wird die glorreiche pharaonische Vergangenheit als der Mittelpunkt des ägyptischen Selbstverständnisses dargestellt. Im Gegensatz dazu verkörpert Machmud das Scheitern der ägyptischen Gegenwart. Als einer der am Rande Beteiligten des niedergeschlagenen Urabi-Aufstands, im Übergang der osmanischen zur britischen Okkupation, steht er für den wiederkehrenden Versuch der Ägypter, sich selbst zu regieren und die Unterdrückung durch Vasallen, Diktaktoren und Kolonialmächte zu überwinden.

Autor/in:Baha Taher (1935–2022)
Genre:Historische Literatur
Verlag:Unionsverlag, Zürich, 2011
Übersetzung:Aus dem Arabischen von Regina Karachouli
Originaltitel:»Wahat al-ghurub«, bei Dar al-Schuruq, Kairo, 2007