Existenzen und andere Abgründe
Yoshihiro Tatsumi
Tatsumi stellt im vorliegenden Sammelband dreizehn kurze Geschichten vor, aus der japanischen Wirklichkeit der Kriegs- und Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre. Die Geschichten handeln vordergründig von Krieg, Verbrechen, Sex, Sehnsucht und Einsamkeit, münden aber alle in eine Beschreibung des an der gesellschaftlichen Ordnung verzweifelnden Individuums, das erst durch den Ausbruch aus der Konvention vielleicht erlöst werden könnte. Dabei handelt es sich im besten Sinne um Kurzgeschichten, deren zugrundeliegende Handlung ebenso gut auf einer einzelnen Seite Text erzählt werden könnten. Würden wir allerdings versuchen die vorliegenden von Tatsumi geschaffenen Bilder nachzuerzählen, bräuchten wir wohl eine beträchtlich höhere Anzahl Seiten. Die Atmosphäre der Zeit, der Schmerz, die Hoffnungslosigkeit, die Träume, die Sehnsucht der handelnden Personen und das schiere hineingestellt sein in eine unverrückbar wirkende Umwelt, verlangten nach einer Beschreibung, eher im Stil eines barocken Schelmenromans mit einer gehörigen Portion Ironie und Fatalismus. Tatsumi benötigt dazu nur ein paar grobe Striche, frech die Gesichter nur andeutend und frecher noch die Umgebung fein ausarbeitend, so als wäre die Welt nicht für den Menschen gemacht, sondern der Mensch für die Welt, und so ist es denn auch! Teremtete!, wie es bei Walter Serner hieße.
Autor/in: | Yoshihiro Tatsumi (1935–2015) |
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Genre: | Manga, Kurzgeschichten |
Verlag: | Carlsen, 2011 |
Übersetzung: | Aus dem Japanischen von John Schmit-Weigand |
Originaltitel: | »Daihakkutsu«, 2003 |