Freuden Der Jugend
Denton Welch
Orvil Pym ist 15 Jahre alt und Schüler in einem englischen Internat. Die Geschichte spielt in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, »einige Jahre vor dem Krieg«. Zu Beginn der Sommerferien wird Orvil von seinem Vater abgeholt, um die Ferienzeit gemeinsam mit der Familie in einem mondänen Hotel in einer idyllischen Umgebung nahe der Themse zu verbringen. Orvil ist Halbwaise, seine Mutter ist vor drei Jahren gestorben. Seine Familie sind die beiden älteren Brüder, Ben und Charles, sowie sein Vater, der in Fernost arbeitet und nur alle drei Jahre einmal für ein halbes Jahr nach England kommt. Mit seinem Vater verbindet ihn wenig und das Verhältnis zu seinen beiden Brüdern ist geprägt von einer Mischung aus Furcht, Respekt und brüderlicher Zuneigung.
Orvil ist froh, für einige Zeit den Spießruten im verhassten Internat entgehen zu können und genießt die Freiheit, die ihm die vor ihm liegende Zeit verspricht. Gleich nach der Ankunft in ihrem Feriendomizil, beginnt er die Umgebung des Hotels zu erkunden. Seine Streifzüge führen ihn über verwilderte Gärten, in verlassene Hütten und an die verträumten Flussufer der Themse. Er beobachtet die Landschaft und die wenigen Menschen, die ihm dabei begegnen, aber vor allem gibt er sich seinen Tagträumen hin und phantasiert sich in aberwitzige Geschichten hinein. Einige Begegnungen üben einen starken Eindruck auf ihn aus, wie jene zu dem Lehrer, der in einer Hütte an der Themse Sommerfreizeiten mit einigen Schülern unternimmt, oder die Freunde von Charles, insbesondere die wunderschöne Aphra, dessen Geliebte, die sich zu seiner großen Überraschung seiner annimmt und in ihm eine Schwärmerei auslöst. Vieles, was ihn bewegt, ist Ausdruck des erwachenden sexuellen Interesses, der Entdeckung des eigenen Körpers und des Verhältnisses zu sich selbst und zu den eigenen Bedürfnissen, aber immer nur kunstvoll angedeutet und in seiner Bedeutung verschlüsselt.
Der kurze Zeitraum der Sommerferien, den Welch hier beschreibt, reicht aus, um Tiefe, Ernsthaftigkeit, Rohheit, Ungeduld, Unschuld, Not, aber auch die Leichtigkeit der Jugend ins Gedächtnis zurückzurufen, wenngleich Dunkelheit und Schwere in den Gedanken Orvils überwiegen. Der Text ist geprägt von einer Plastizität und Direktheit des Erzählten, die in den Metaphern und Bildern, in all der Detailliertheit der Beschreibungen der Umgebung, der Gedanken und Handlungen mit dem Geringsten auskommt und dabei eine große Nähe und Identifikation erzeugt, gerade so, als wären wir beim Aufschlagen des Buches in die Figur Orvils eingedrungen. Für den heutigen Leser mögen die sprachlichen Bilder und Vergleiche sowie die Farbigkeit der Beschreibungen bisweilen ungewohnt oder der Zeit geschuldet etwas altertümlich erscheinen. Dennoch wirkt dies niemals manieriert, sondern im Gegenteil treffsicher und lebendig.
Autor/in: | Denton Welch (1915–1948) |
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Genre: | Jugendliteratur, Autobiographie |
Verlag: | Klaus Wagenbach, 2016 |
Übersetzung: | Aus dem Englischen von Carl Weissner |
Originaltitel: | »In Youth is Pleasure«, bei Routledge, 1945 |