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Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand

Liao Yiwu

Herr Wang, diesen Namen verliehen die Medien jenem verzweifelten Menschen, der am Tag nach dem Tiananmen-Massaker am 5. Juni 1989 mit zwei Plastiktüten in der Hand, ganz alleine vor einem Panzer stehend, für kurze Zeit der chinesischen Armee Paroli geboten hat. Sehr wahrscheinlich wurde er wenig später wie viele andere ohne Prozess hingerichtet. Mit der Beschreibung dieser bedrückend hoffnungslosen Tat beginnt eine Sammlung von Erinnerungen und Briefen Liao Yiwus, die in ihrem ersten Teil den Kampf um die Ausreise seiner langjährigen Freunde Liu Xiaobo und Liu Xia aus China bis zum Tod Xiaobos 2017 und der geglückten Ausreise Xias schildert. Im zweiten Teil stehen die Erinnerungen im Vordergrund, die ausschnitthaft das Leben einiger politischer Mitgefangener und die Bedingungen in den Gefängnissen, brutale Gewalt, Willkür, Widerstand und Hoffnungslosigkeit beschreiben. Im letzten Teil folgen Briefe aus dem Gefängnis an Yiwus Frau, die Einblick in seine persönliche Situation, seine Gefühle und Haltung in der Gefangenschaft geben, allerdings ohne sie damals abgesendet zu haben.

Den Ausgangspunkt der hier versammelten Texte bildet der Massenmord auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking am 4. Juni 1989, bei dem zwischen 2500 und über 10.000 Menschen den Tod durch das chinesische Militär fanden. Die chinesische Regierung verleugnet bis heute die Verbrechen an den Protestanten und verfolgt jede Erinnerung daran. Liao Yiwu wurde für das 1989 entstandene Gedicht ‘Massaker’ zu einer vierjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und war bis zu seiner Flucht aus China 2011 staatlicher Repression ausgesetzt.

Autor/in:Liao Yiwu (*1958)
Genre:Gegenwartsliteratur, Politische Literatur
Verlag:S. Fischer, 2019
Übersetzung:Aus dem Chinesischen von Hans Peter Hoffmann