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Herz der Finsternis

Joseph Conrad

Auf dem Segelschiff Nelly an der Themsemündung treffen sich eine Gruppe von Freunden und früheren Seeleuten, die nunmehr in angesehen Berufen, als Rechtsanwalt, Buchhalter oder Direktor einer englischen Handelsgesellschaft arbeiten. Der einzige unter ihnen, der noch als Seemann arbeitet, ist Marlow. Und dieser beginnt, während des Wartens auf die Ebbe, den anderen die Geschichte seiner Reise in den Kongo als Kapitän eines Flußdampfers zu erzählen. Dabei beschreibt er seine Erfahrungen als damals junger Kapitän und thematisiert die menschlichen Abgründe, die Habgier und den rassistischen Grundcharakter des Kolonialismus.

Die Erzählung spielt in der Zeit des belgischen Kolonialismus im Kongo um 1890. Sie geht zurück auf die persönlichen Erfahrungen des Autors als Seemann während einer Reise auf dem Kongo. Im Vordergrund steht die Kritik der Okkupation und Unterdrückung, der rücksichtslosen Eroberung, und richtiger noch, der Auslöschung anderer Kulturen aus Gier und wahnhafter Selbstübersteigerung. Mit dem Verweis auf die Eroberung Englands durch die Römer wird zu Beginn ein Rahmen gesetzt, der durch den Tausch der Rollen, hier sind die Römer die erhabene Kultur und die Engländer die ‘Wilden’ in den Sümpfen der Themse, den verblendeten, ethnozentristischen Grundcharakter des Kolonialismus festhält.

Beim Lesen bleibt dennoch das Gefühl einer rassistischen Perspektive in der Sprache, die der Roman in der Zeit der Entstehung des Textes nicht zu überwinden in der Lage war. So ist in der Beschreibung der handelnden Figuren ein europäisch, Weiß geprägtes Menschenbild unterlegt. Die ansässigen Bewohner werden als weniger personal und sogar über weite Strecken mit den damals üblichen stereotypen abwertenden Begriffen, als undifferenzierbare Wilde beschrieben. Den Wert dieser Erzählung, als kritischen Text und auch in seiner sprachlichen Brillianz, kann das kaum schmälern, wenn man ihn aus der Zeit heraus beurteilt.

Autor/in:Joseph Conrad (1857–1924)
Genre:Historische Literatur
Verlag:S. Fischer, 1926
Übersetzung:Aus dem Englischen von Ernst W. Freißler
Originaltitel:»Heart of Darkness«, bei Blackwood's Magazine, 1899