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Im Schatten der Fabriken

Rie Aruga

Ao und Takaomi sind seit ihrer Mittelschulzeit gute Freunde. Kennengelernt haben sie sich bei einem Nachhilfekurs für Englisch. Während Ao zusammen mit ihrem Bruder in einer traditionellen Mittelstandsfamilie aufwächst, mit einem gut verdienenden Vater, der Abteilungsleiter in einer der umliegenden Fabriken ist, lebt Takaomi in einfachen Verhältnissen mit seiner kleinen Schwester und seiner alleinerziehenden Mutter, die als einfache Verwaltungsangestellte in derselben Fabrik wie Aos Vater arbeitet. Wo es geht hilft Takaomi zuhause mit und verdient nach der Schule in einem Nebenjob Geld dazu. Mit 17 jahren stehen die beiden kurz vor ihrem Schulabschluss und der Anmeldung zur Universität.
Mit der Zeit hat sich die Beziehung von Ao und Takaomi verändert und beide spüren, dass zwischen ihnen mehr ist als kindliche Freundschaft. Takaomi hat Ao schon mehrfach zu einem nächtlichen Besuch der Fabriken eingeladen, die durch die »freie Form«, die dunstig rauchenden Kamine, die verwinkelten Rohre und Leitungen, die strahlenden Lichter, einen »besonderen Glanz« besitzen. Nach einigen vergeblichen Versuchen einen freien Termin zu finden, haben sie sich endlich für einen nächtlichen Besuch bei den Fabriken verabredet. Als es dann soweit ist, liegt eine freudige Spannung auf Ao. Doch kurz bevor sie das Elternhaus verlässt, klingelt es an der Tür und eine ungeheuerliche Tat drängt sich in ihr Leben und nichts ist mehr wie es war. Ao sagt das Treffen mit dem wartenden Takaomi ab. Die Polizei steht vor der Tür und verhaftet Aos Vater unter dem dringenden Tatverdacht der Vergewaltung. Das Opfer ist Takaomis Mutter.

Im Schatten der Fabriken ist eine sensibel und berührend erzählte Geschichte zum Thema sexualsierte Gewalt, die mit Ao und Takaomi besonders die Folgen für die Kinder der Täter und Opfer in den Blick nimmt. Im Text werden die Gefühle und die psychische Entwicklung der beiden jugendlichen Hauptpersonen für den Lesenden glaubhaft und schmerzhaft greifbar beschrieben. Dabei handelt es sich um einen Themenkomplex, der wenig und bestimmt auch selten auf so einfühlsame Art beschrieben wurde.
Die Zeichnungen Arugas rücken die Figuren in den Vordergrund und erzeugen eine poetische Tiefe, die dem Thema auf eine unprätentiöse Weise gerecht wird. Zumeist sind die Hintergründe in den Panels mit wenigen Details ausgeführt und deuten den Ort der Handlung nur an. Dies ist anders bei der Visualisierung des Titelthemas, den Fabriken, die ausführlich und detailreich in einer strahlenden Form dargestellt werden.

Autor/in:Rie Aruga
Genre:Manga, Psychologische Literatur
Verlag:Carlsen, 2023
Übersetzung:Aus dem Japanischen von Doreaux Zwetkow
Originaltitel:»工場夜景 (Nachtansicht der Fabrik)«, bei Kodansha Ltd., 2022