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Okonkwo oder das Alte stürzt

Chinua Achebe

Okonkwo war als junger Mann ein gefürchteter Krieger und unbesiegter Ringer der Umuofia. Ganz im Gegenteil zu seinem Vater, der zu Lebzeiten der Arbeit eher aus dem Wege ging und seine Zeit eher mit Feiern und Musizieren zubrachte, war Okonkwo vom Fleiß geradezu beseelt. Da sein Vater ihm kaum etwas hinterließ, musste er zudem größte Anstrengungen unternehmen, um es mit der Zeit zu Reichtum und Ansehen zu bringen. Er schämte sich für seinen Vater und hatte die Sorge, nur ja nicht mit ihm verglichen zu werden. Gegen seine drei Frauen und seine Kinder war er umso strenger und bisweilen kannte seine Wut keine Grenzen. Wenn es um die Einhaltung der dörflichen Sitten und religiösen Regeln ging, handelte er ohne Mitleid und ohne jede Gnade. Sein ganzes Bestreben schien auf die Achtung durch die Dorfgemeinschaft gerichtet zu sein, um dort wenn irgend möglich die höchsten Ehren zu erhalten. Eines Tages, bei einem großen Fest, widerfährt ihm ein Mißgeschick mit seiner Flinte. Er selbst trägt daran kein Verschulden, aber da es das Leben eines jungen Igbo kostet, muss er aus dem Dorf fliehen und wird gemeinsam mit seiner Familie für sieben Jahre ins Exil verbannt. Als er nach der langen Zeit endlich zurückkehrt, ist nichts mehr wie es war.

Den Mittelpunkt der Erzählung bildet der Krieger, Ringer und Bauer Okonkwo, der mit all seinen Wünschen und Selbstzweifeln, seinem unerbittlichen Ehrgeiz und seiner Wut, zugleich ungestüm, wild, strebsam und sittenstreng gezeichnet wird. Seine Geschichte, zusammen mit der seiner Verwandten und den Mitgliedern der Dorfgemeinschaft der Umuofia, lässt die Sitten, Gebräuche und Religion der Ibo, auf dem Gebiet des heutigen Nigeria, im ausgehenden 19. Jahrhundert bildhaft werden.
In Teil 2 und 3 des Romans werden dann die Auswirkungen der Kolonisation und die Einführung des Christentums durch die Briten im heutigen Nigeria dargestellt. Unter der zunehmend invasiven Kolonialverwaltung und dem Druck der christlichen Morallehre zerfällt die kulturelle Struktur der Ibo innerhalb kürzester Zeit. Eine Gegenwehr wird durch die geschickte Politik der Eindringlinge geschwächt, indem die Missionare als ‘harmlose Verrückte’ vorgeschickt und dadurch die Gemeinschaft gespalten wird. Erst nach und nach wird die koloniale Okkupation des Landes mittels Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Militär sichtbar.
Die Sprache Achebes ist nüchtern, beschreibend, bildhaft, ohne wertend zu sein. Sie lässt der Unvermeidlichkeit der Handlung und der Würde der Handelnden den Vortritt. Der fließende Ton der Erzählung lässt es einem bisweilen beim Lesen so erscheinen, als hörte man die Stimme des Erzählers im Hintergrund. Die Bitterkeit zum Ende hin unterstreicht die Ausweglosigkeit in der sich die Ibo im Angesicht der Auflösung ihrer Kultur sahen. Die Kolonialisierung war das Schicksal der Ibo dem sie nicht entkommen konnten, gleichsam einer griechischen Tragödie, nur das Menschen und nicht Götter dieses Schicksal bestimmten.

Autor/in:Chinua Achebe (1930–2013)
Genre:Historische Literatur, Entwicklungsroman
Verlag:Henry Goverts, 1959
Übersetzung:Aus dem Englischen von Richard Moering
Originaltitel:»Things fall apart«, bei William Heinemann Ltd., 1958