Petit Piment
Alain Mabanckou
Der 13-jährige Moses lebt seit seinem zweiten Lebensmonat im Waisenhaus von Loango in Kongo-Brazzaville. Das Leben im Waisenhaus ist geprägt von Gewalt und Willkür durch die Betreuer. Aber auch unter den Kindern selbst sind gewaltätige und erniedrigende Auseinandersetzungen an der Tagesordnung. Vorallem aber der korrupte und cholerische Anstaltsleiter, Herr Ngoulmoumaki, macht den Kindern das Leben zur Hölle. So hat Moses einige Kämpfe zu bestehen, die unter anderem mit den beiden Zwillingen Songi-Songi und Tala-Tala zu einer engen und schicksalhaften Verbindung führen. Den Gegenpol zu all dieser Gewalt bilden der sanfte und verständnisvolle Pater Papa Moupelo, der einmal die Woche in das Waisenhaus kommt, um seine Bibelstunde zu halten und die führsorgliche Betreuerin Niangui. Plötzlich jedoch enden die Besuche des Paters und schließlich verschwindet auch noch Niangui. Die sozialistische Revolution in Kongo hat auch im Waisenhaus Einzug gehalten und für die Kinder heisst es nun, die Reden des Präsidenten auswendig zu lernen und die Parolen des Präsidenten ersetzen nun auch die Bibelstunde Pater Moupelos. Moses, der wegen eines Vorfalls mit Chillipulver auch Petit Piment genannt wird, ist der ausdrückliche Feind des Direktors und obwohl er sich durchaus den Gegebenheiten anzupassen versucht, flieht er überstürzt aus dem Waisenhaus, als er von Songi-Songi und Tala-Tala in einen mysteriösen Fluchtplan verwickelt wird. Der Plan hat Erfolg und die drei landen in die Hafenstadt Pointe-Noire. Als Streuner und Dieb beginnt nun ein neues Leben in ‘Freiheit’.
Mama Fiat 500 ist eine zairische Prostitierte in Pointe Noire und Leiterin eines Bordells. Sie wird im zweiten Teil des Romans eine echte Ersatzmutter für Petit Piment. Ausserdem bildet sie den Anknüpfungspunkt zu Mabanckous Roman ‘zerbrochenes Glas’, in dem Ihre Geschichte ebenfalls Erwähnung findet, dort als die Kurtisane des Zairischen Präsidenten und seines Widersachers. Und auch die rauschhafte Musikalität der Sprache Mabanckous aus ‘zerbrochenes Glas’ findet sich im zweiten Teil wieder. Während der erste Teil zurückhaltender und linear erzählender, die Geschichte im Waisenhaus berichtet, findet im zweiten Teil die Haltlosigkeit und Unsicherheit der handelnden Personen in der Sprache ihren Widerhall.
Mabanckou erzählt mit einer barocken Farbigkeit voll eindringlicher Empathie über die Lebenswirklichkeit seiner Figuren. In verzerrten Bildern, voller Brüche erweckt er diese zum Leben, glaubhaft und nachspürbar, weit weg von der mitunter kühlen Erzählmechanik nordamerikanischer oder europäischer Gegenwartsliteratur.
Autor/in: | Alain Mabanckou (*1966) |
---|---|
Genre: | Gegenwartsliteratur |
Verlag: | Liebeskind, 2018 |
Übersetzung: | Aus dem Französischen von Sabine Müller und Holger Fock |
Originaltitel: | »Petit Piment«, bei Éditions du Seuil, 2015 |