Spätes Tagebuch
Max Mannheimer
Max Mannheimer beschreibt in seinem »Späten Tagebuch« den Weg seiner Familie in die Hölle der nationalsozialistischen Vernichtungslager. Fast seine gesamte Familie, die Eltern Jakob und Margarethe, zwei seiner Brüder Erich und Ernst, seine Schwester Käthe und seine Ehefrau Eva Bock, werden von den Nationalsozialisten grausam ermordet.
Die Familie kommt aus Neutitschein, im Nordosten Tschechiens an der Grenze zu Polen und der Slowakei. Nach der Okkupation des ›Sudetenlandes‹ durch das deutsche Reich und den Novemberpogromen wird die Familie im Januar 1939 aus ihrer Heimat vertrieben und sie müssen nach Ungarisch-Brod umziehen. Nur Wochen später überfällt Deutschland die bis dahin noch souveräne Tschechoslowakei und die Familie gerät wieder unter deutsche Hoheit. In den folgenden knapp zwei Jahren werden die Bedingungen für Juden in Ungarisch-Brod immer schwieriger. Entrechtung, Zwangsarbeit, Nahrungsmittelknappheit, Razzien der Gestapo, Verhaftungen und die Nachrichten von deportierten Juden in den Osten bestimmen die Situation. 1942 werden die Transporte in die Konzentrationslager in der Bevölkerung zur Gewissheit. Der Bruder Erich nimmt Kontakt zu Fluchthelfern auf und wird verhaftet. Max und Eva heiraten noch im September 1942. Im Januar 1943 wird die Familie vom Sicherheisdienst vorgeladen und über Theresienstadt in das Vernichtungslager Ausswitz-Birkenau verschleppt. An der Todesrampe beginnt die Selektion. Die Eltern werden sofort im Gas ermordet. Käthe, Ernst, Erich und Eva sterben ebenfalls kurz nach der Ankunft. Max und Edgar überleben die Vernichtungslager wie durch ein Wunder. Es folgt die Beschreibung des Leidenswegs der beiden überlebenden Brüder über Ausschwitz, Warschau und Dachau bis zur Befreiung durch amerikanische Truppen am 30. April 1945.
Bis zur Verhaftung und Verschleppung der Familie nach Theresienstadt und weiter nach Ausschwitz folgt der Text einer ausführlich beschreibenden Form, wodurch die familiären Verhältnisse, die politischen Bedingungen und die langsame Zuspitzung der Situation für die jüdische Bevölkerung detailliert dargestellt werden. Nach der Deportation folgt die Form dem kaum Beschreibbaren mit nurmehr kurzen gepressten, auf den kalten Fakten beschränkten Sätzen. Das Lesen fällt schwer. Wie schwer mag es gewesen sein zu Schreiben und zu Erinnern. Es bleibt, einen Satz Max Mannheimers bei einer Diskussion mit Schülern zu wiederholen: »Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber daß es nicht wieder geschieht, dafür schon.«
Autor/in: | Max Mannheimer (1920–2016) |
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Genre: | Autobiographie, Historiographische Literatur |
Verlag: | Piper, 2000 |