Vertraute Fremde
Jirō Taniguchi
Hiroshi Nakahara, 48 Jahre alt, ist bei der Rückfahrt von einer Dienstreise nach Tokio in einen falschen Zug in Richtung seiner Geburtsstadt gestiegen. Als er es bemerkt, überlegt er gleich beim nächsten Halt zurückzufahren, doch irgendetwas hält ihn zurück und er fährt weiter. Angekommen in seiner Heimatstadt, besucht er auf dem örtlichen Friedhof das Grab seiner Mutter. Noch etwas benommen, von einem Gläschen zuviel am Vorband mit seinen Arbeitskollegen, schläft vor dem Grab ein. Als er wieder erwacht, ist etwas Ungewöhnliches passiert; Er befindet sich im Körper eines 14-jährigen und sieht genauso aus, wie er in der zweiten Klasse der Mittelschule ausgesehen hatte. Er ist verwirrt, denkt an einen Traum und macht sich auf den Weg Nachhause. Als er dort ankommt, trifft er auf seine Familie, seine Mutter, seine Schwester und seinen Vater. Und da merkt er, nicht nur sein Körper hat sich verändert, auch die Zeit in der sich befindet. Er kommt aus dem Jahr 1998 und jetzt lebt er wieder im Jahr 1963. In dem Jahr in dem sein Vater ihn und seine Familie, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, völlig unvermittelt und für immer verlassen hat. Zuerst glaubt er noch, er würde jeden Moment erwachen, doch auch am nächsten Morgen und dann in der Schule verharrt er in diesem Zustand und ist wieder der Mittelschüler, aber mit dem Bewusstsein des Erwachsenen. So bleibt es auch, Woche um Woche, und er beginnt, sich daran zu gewöhnen. Zuweilen vergisst er seine Frau und seine Kinder, verliebt sich in eine Mitschülerin, brilliert im Unterricht und erfährt einige Familiengeheimnisse. Von Beginn seiner Verwandlung an treibt ihn aber ein Gedanke an: Wie kann er seinen Vater daran hindern, seine Familie zu verlassen.
Aus der zeichnerischen Perspektive, ein handwerkliches Meisterstück, ohne Experimente, mit detailreichen Hintergründen und abwechslungsreichen Perspektiven. Der Erzählfluss in den Panels ist ganz auf die Geschichte konzentriert. Bild und Text verschmelzen zu einer epischen Einheit. Ein ruhig erzählter, aber umso spannender psychologischer Roman in Bildern und Sprechblasen.
Autor/in: | Jirō Taniguchi (1947–2017) |
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Genre: | Manga, Psychologische Literatur |
Verlag: | Carlsen, 2006 |
Übersetzung: | Aus dem Japanischen von Claudia Peter |
Originaltitel: | »Harukana Machi-e«, bei SHOGAKUKAN, 1997 |